Sehhilfeverweigerer

Lesezeit: 2 Minuten

Es ist ein schleichender Prozess, man nimmt es fast nicht wahr. Und wenn man es bemerkt, will man es nicht glauben: Die Sehschärfe lässt nach und eine Brille wäre nötig. Aber die Ästhetik, die Kosten, unpraktisch; alle Sinne sind auf Abwehr eingestellt. Erst das unsanfte zusammenprallen mit einem Bus, welchen man gerade übersehen hat, öffnet einem die Augen.

Und wenn man seine Sehhilfe erst einmal hat, dann kann man sich nicht vorstellen, wie man davor gelebt (überlebt) hat. Tausend Gedanken, was man wohl alles verpasst und übersehen hatte …

Und dann gibt es eben die Sehhilfeverweigerer (Shv) – wenn ich es mir genau überlege, sind es mehrheitlich Frauen. Shv’s erkenne ich im Laden immer sehr schnell: die Fragen immer nach Artikeln!

„Haben sie keinen Kartoffelsalat?“ „Doch, direkt vor ihnen!“ „Ach so, ich dachte, das sei Pastasalat …“ Und kaum drehe ich mich weg, um mich um wichtigere Dinge als eine Kundin zu kümmern, so wirft sie mir ganz bestimmt eine weitere Frage ins Genick. „Sind da Zwiebeln dran?“ (Das ist eine heikle Frage! Sollte man meinen …) „Hätten sie denn gerne Zwiebeln dran?“ frage ich dann jeweils. Antwort meiner Shv: „Eigentlich ist es egal, ich wollte es nur wissen … aber ich habe meine Brille nicht dabei.“

Wissen Sie, was mir ausserdem aufgefallen ist? Shv’s wollen immer Dinge wissen, welche sonst niemanden interessieren! Welche E-Nummern enthält dieses Produkt – als ob ein Shv seinen Kaufentscheid davon abhängig machen würde … oder ist das Verfalldatum noch gut? (Als ob es bei mir verfallene Ware geben würde …) In welchem Land wurde dieses Produkt hergestellt? (Will sie es essen oder damit reden?) Ist es kaltgepresst oder homogenisiert? (Ach fragt mich doch nicht Dinge, die ihr gar nicht versteht …

 Manchmal frage ich mich, ob sie meine Sehschärfe testen wollen oder einfach Aufmerksamkeit brauchen.

Eine Shv habe ich kürzlich gefragt, ob sie denn über die Strasse gehen könne, ohne unter einen Lastwagen zu kommen – sie sah praktisch nichts. Ihre Antwort: „Ich bin mit dem Auto gekommen, da passiert mir nichts …“

Sicherheitshalber habe ich ihr beim Packen der Tasche den Autoschlüssel hinter die Kassenbox fallen lassen … sie liess sich anschliessend vom Taxi nach Hause bringen, an diesem Tag hat sie niemanden überfahren … Ich kann ja so hilfsbereit sein …

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2 Kommentare

  • Urs Jenni

    no risk, no fun :-) fühlst du dich betroffen??? Wie sage ich immer: Wer sich betroffen fühlt, könnte es sein… ;-)

  • Isabel

    Hallo Urs,
    danke für die nette Bedienung, der Kartoffelsalat war lecker aber das Schnitzel….ich weiss nicht, es war ziemlich zäh ! Kam mir schon suspekt vor, dass Ihr es neben den Schuhen verkauft…..?
    Liebe Grüsse Isabel

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