Kokosmilch

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Mich, als friedlichen Menschen und Ladenbesitzer darf man ja bekanntlich alles fragen. Offensichtlich dachte sich dies auch die Frau, die an diesem Morgen zielstrebig auf mich zukam.

Ich selbst fragte mich genau in dem Moment, ob es eine Religion gibt, die das enthaaren der Beine verbietet.

Und je näher sie kam, desto deutlicher wurde das Problem sichtbar und ich sah erstmals ein Argument für eine Burka.

Gedanken lesen konnte sie offensichtlich nicht, sie fragte mich ohne irgendwelche Umschweife nach veganer Kokosmilch.

Vegane Kokosmilch. Ich war etwas irritiert. Was bitte kann an Kokosmilch nicht vegan sein?

„Meinen sie die frische Milch von den Kokoskühen oder die haltbare aus den Nüssen?“, fragte ich.

Offensichtlich hatte sie noch nie etwas von Kokoskühen gehört. Sie starrte mich an und überlegte.

Und bevor sie einen Laut von sich gab, ergänzte ich: „Ich finde es sehr wichtig, dass man bei Kokosmilch auf die artgerechte Haltung der Kokoskühe achtet. In der Schweiz darf man pro Palme nur zwei Kokoskühe halten – leider wird das in Asien nicht immer so genau beachtet und viele Kokoskühe werden auf viel zu kleinem Platz gehalten.“

Langsam kamen ihr Gedanken wieder in Schwung. „Wollen sie mich verarschen?“, fragte sie vorwurfsvoll.

„Wer hat denn damit angefangen?“, fragte ich zurück.

„Natürlich gibt es vegane Kokosmilch und nicht vegane. Das liegt an der Verpackung!“, belehrte sie mich.

Klar, es ist weitverbreitet, dass man Kokosmilch in Lederbeuteln transportiert und verkauft. Die bei mir im Dorfladen ist in Blechdosen. Oder noch frisch in der Kokosnuss. Aber ansonsten?

„Ich lebe im Einklang mit der Natur und respektiere jedes Lebewesen! Die Umwelt ist mir wichtig und ich kaufe nur biologisch angebaute Produkte und nur umweltfreundlich verpackte! Und sie sollten ihr Sortiment auch so umgestalten, dass es nur noch vegane Bioprodukte gibt!“

Gut, dass ich an diesem Tag bereits genügend mit Biokaffee und Schokolade versorgt war. Ich war fit für eine solche Kundin.

„Meine Liebe,“ begann ich meine Rede, „Kann es sein, dass sie Mangelerscheinungen haben? Haben sie ihren Vitamin und Nährstoffhaushalt im Griff? Sie erzählen mir, dass sie umweltfreundlich einkaufen und leben? Aber sie konsumieren Kokosmilch? Von freilaufenden Kokosnüssen? Haben sie jemals einen Gedanken daran verschwendet, dass der Transport dieser Produkte viel schlechter für die Umwelt sein könnte, als wenn sie die Milch einer Kuh aus dem Dorf trinken würden? Denn entgegen aller Gerüchte: die Kühe werden nicht ausgepresst und getötet, um an die Milch zu kommen! Sie sind bestimmt auch so eine, die keinen Honig isst!?“

„Natürlich esse ich keinen Honig, ich beute keine Tiere aus!“ Sie schien etwas gereizt.

„Das sollten sie aber schleunigst ändern! Denn wenn niemand mehr Honig kauft, braucht auch kein Mensch mehr Bienen zu halten. Und wenn es keine Bienen mehr gibt, werden wir auch keine Früchte mehr haben! Und wenn wir keine Milchprodukte mehr essen? Dann kommen die Kühe in der Schlachthof, weil wir sie nicht mehr brauchen! Wollen sie das wirklich verantworten?“

Sie schüttelte den Kopf.

„Na also! Dann sagen sie mir jetzt noch, wieviel Käse sie heute kaufen wollen. Und Honig werden sie ja auch keinen mehr zuhause haben. Ich empfehle ihnen den Blütenhonig hier aus dem Dorf.“

Sie wirkte irritiert.

„Und jetzt, wo sie wieder normal sind, werden sie ja sicher auch wieder die Beine rasieren? Bestimmt brauchen sie noch Rasierschaum? Den gibt es übrigens auch in Bio!“

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