Aner und Oten

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Überall, wo es Menschen gibt, gibt es Aner und Oten. Was das ist? Ein reicher Einwohner eins Ortes: Wer in Bern wohnt und reich ist, ist entweder ein Bernianer oder ein Berniot. Ein Aner ist ein Reicher, der das Geld aus Familientradition in grösseren Mengen hat, als das Durchschnittsmensch. Der Aner ist irgendwie „edel” … er hat das Geld, man sieht es ihm an, aber er protzt nicht damit. Der Aner gibt sein Geld mit bedacht aus. Er ist „des Vermögens würdig”. Meist leben sie in alten Häusern, welche schon seit Generationen im Familienbesitz sind; eine Art „Ureinwohner” – und von Indianer leitet sich die Bezeichnung ab. Oten sind zum Vergleich die Neureichen. Sie haben ihr Geld irgendwoher bekommen, aber nie wirklich dafür arbeiten müssen (haben viele Aner auch nicht). Sie sind durch puren Zufall reich geworden. Oder Betrug. Oder weil sie den Schwager des Onkels eines Bankdirektors kennen, Verwaltungsrat geworden und erhalten nun jede Menge Geld dafür. Oten stehen auf Statussymbole: Schmuck und auffällige Autos, nur das Beste ist gut genug. Kennen Sie die Tradition noch, wo man vom Metzger eine Scheibe Salatwurst bekommen hat? Oten verlangen nach einer Scheibe Hobelfleisch für ihre Kinder! Selber essen sie Dinge, die sie zwar auch nicht mögen, aber weil es gerade Mode ist, wird es mitgemacht. Oten sind immer laut und auffällig … Bezahlen mit Kreditkarte, bis das Limit aufgebraucht ist und zücken dann einfach eine andere Karte. Die Kinder haben bereits ein Handy, wenn sie in den Kindergarten gehen. Kurz: Oten geben das Geld mit beiden Händen aus – an sich für den Dorfladen der interessante Kunde.

Kürzlich hatte ich eine Otin an der Käsetheke und sie fragte nach einem Käse mit echtem Gold. Es sei kürzlich im Fernsehen gezeigt worden, dass es Schokolade und auch Fleisch mit Blattgold gebe. Nun hätte sie gedacht, sie könnte ihren Gästen ja etwas exclusives Anbieten; eben einen Käse mit Gold. (Ich finde das Essen von Gold etwas vom dekadentesten, was man tun kann! Es hat weder Geschmack noch Geruch, geschweige denn Nährstoffe oder Vitamine …!) Ich holte Luft: „ Meine Liebe Frau, sie denken doch nicht im Ernst, dass ich Käse mit Blattgold hier in der Theke aufbewahre?? So etwas seltenes und wertvolles, edles und unvergleichliches bewahre ich in meinem Kühltresor auf! Und wissen sie: Den verkaufe ich nicht jedem! Es bringt nichts, jemandem so etwas anzubieten, der keine Ahnung hat.” Sie nickte verständnisvoll. „Aber für sie habe ich etwas noch viel Edleres, als Käse mit Gold: Käse mit echten Kristallen!” Ihre Augen leuchteten. Ich ging zum Kühlraum, holte ein Stück Emmentaler mit schönen Salzkristallen, hobelte ihn ganz fein und verkaufte ihr 200 Gramm davon zum Preis, den ich sonst für 5 Kilo verlange. Sie war glücklich also war ich es auch …

Und woher die Bezeichnung „Oten” kommt, haben sie bestimmt auch schon herausgefunden …

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